So lautet der Titel des mehrmals ausgezeichneten Einpersonenstücks von Liora Hilb, das am 14.01.2025 zum dritten Mal den Schülern und -innen der Q3 in der Aula der Wöhlerschule vorgeführt wurde. Hilb erzählt darin spielerisch von ihrer Suche nach Antworten auf das Schweigen, das in ihrer Familie über die Geschehnisse während der Shoah herrschte.
Die politische Theoretikerin Hannah Arendt sagte über die Folgen des Terrors der Nationalsozialisten, dass es vielen Menschen schwerfiele, mit etwas zu leben, das in seinem Schrecken nicht einmal in Worte zu fassen ist. Dieser Sprachlosigkeit bezüglich der Ereignisse während dem Nationalsozialismus sah sich auch Liora Hilb gegenüber, als sie versuchte, von ihrer Familie mehr über ihre Vergangenheit in Deutschland zu erfahren. Neben Themen wie Familie, Identität, Flucht und Generationentrauma beschäftigt sich RemembeRing mit Hilbs Suche nach Antworten auf dieses Schweigen durch emotionale Ausschnitte aus ihrem Leben. Dabei stellt Jenny, die Großmutter der Schauspielerin, gemeinsam mit ihrem Ring, der nach ihrer Ermordung in Ausschwitz seinen Weg zu Jennys Kindern nach Tel Aviv fand, eine Konstante dar, um die sich das Stück windet.
Die Episoden aus Hilbs Leben hinterließen bei den Wöhlerschülern und -innen Eindruck. Nach der Vorführung kam es zu angeregten Gesprächen mit der Darstellerin. Irgendwann wurde gefragt, ob es viel Arbeit gewesen sei, die Informationen zusammenzutragen. Definitiv, sagte Hilb. Die Erinnerungen seien, wie ihre Verwandten, durch den Nationalsozialismus überall auf dem Globus verteilt gewesen. Denn die Ideologie der Faschisten zerstörte jede Form von Pluralität. Ursprünglich fest verwurzelte und vernetzte Gruppen und Familien wurden brutal auseinandergerissen. Vielleicht hat genau deswegen Jennys Ring als Konstante, die dem Vergessen und der Zerstörung irgendwie entging und es letztlich zu den Geliebten seiner früheren Besitzerin geschafft hat, solch eine Bedeutung.
Das Verhindern von Vergessen und die Unterscheidung zwischen Wahrheit und Fiktion ist heute wichtiger denn je. Vorführungen wie Hilbs RemembeRing sind somit dringend gebraucht. Sie lassen nämlich, wie auch die Schüler und -innen feststellen durften, das Geschehene und seine Folgen greifbarer werden als der reine Schulunterricht. Denn der unbeschreibliche Terror der Nationalsozialisten ist wirklich passiert und nichts auf der Welt deutet darauf hin, dass so etwas nicht wieder passieren kann. In diesem Sinne hallen Arendts Worte nach: „Der ideale Untertan der totalitären Herrschaft ist nicht der überzeugte Nazi oder der engagierte Kommunist, sondern Menschen, für die die Unterscheidung zwischen Fakt und Fiktion, zwischen wahr und falsch, nicht mehr existiert.“
Hannah Scheurer (Q 3)
Frau Colmsee und Frau Guillemarre danken im Namen der Geschichtsfachschaft der Künstlerin Liora Hilb für diesen besonderen Moment und dem Förderverein für die finanzielle Unterstützung.